Wir von CLIP Mediaservice möchten das Sommerloch nutzen, um zwei beeindruckende Persönlichkeiten vorzustellen, die das Format der Sozialreportage im 20. Jahrhundert revolutionierten – und bis heute beeinflussen.
Max Winter (1870-1937)
Er verbrachte eine Nacht im Gefängnis, einen Tag als Fabriksarbeiter und verkleidete sich als Bettler: Gemäß seinem Credo „Die ungesündeste Luft für den Berichterstatter ist die Redaktionsluft,“ tauchte der Wiener Journalist Max Winter tief in seine Reportagen ein. Als Redakteur der Arbeiterzeitung und des Neuen Wiener Journals setzte er sich zum Ziel, die Missstände der Gesellschaft aufzuzeigen und seine Leserschaft wachzurütteln.
Guter Journalismus hieß für Max Winter „mitten im Strom des Lebens zu schwimmen”.
Mit seinen investigativen Recherchen gilt er heute als Schöpfer der Sozialreportage im deutschen Sprachraum. Im Austrofaschismus wurde Max Winter die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen, er starb verarmt in Amerika.
Else Feldmann (1884-1942)
Auch Else Feldmann widmete sich in ihren Reportagen jenen am Rande der Gesellschaft: Kriegsversehrte, alleinerziehende Mütter und deren Kinder, Wohnungs- und Arbeitslose, Kranke, Alte, Gefangene und Prostituierte. Die aus einer armen jüdischen Familie stammende Wiener Schriftstellerin und Journalistin richtete ihre Aufmerksamkeit besonders auf das Leid von Kindern.
Else Feldmanns Texte wurden von den Nationalsozialisten verboten. 1942 wurde sie von der Gestapo verschleppt und ermordet.
Die Sozialreportage – Ein Format mit Bedeutung bis heute
Um 1900 gewann die Thematisierung sozialer Themen in der Massenpresse immer mehr an Bedeutung. Von den USA ausgehend, wurde ein neuer Reportagestil erschaffen. Sowohl Max Winter als auch Else Feldmann waren literarisch tätig und nutzten ihren detailreichen und ausdrucksstarken Schreibstil, um die prekären Lebensbedingungen darzustellen.
Im Zentrum dieses Formats steht das Beobachten und Eintauchen in andere Lebensrealitäten. Dieser Stil beeinflusst das Genre bis heute: Die Sozialreportage ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil von Medien wie dem Falter und Formaten wie den Alltagsgeschichten des ORF. Die Wiener Straßenzeitung Augustin widmet sich nicht nur inhaltlich sozialen Ungerechtigkeiten, sondern unterstützt mit ihren Einnahmen Menschen, die in soziale Not geraten sind.
Nach dieser kurzen Zeitreise berichten wir nächste Woche wieder über ein aktuelles Thema aus der Medienbranche.