Im neuen Regierungsprogramm ist, im Sinne der Vereinfachung und Entbürokratisierung nicht zuletzt auch für Wirtschaftstreibende, ein Entfall der Veröffentlichungspflicht der Unternehmen in der Wiener Zeitung vorgesehen. Die Unternehmer freut’s, ein Wahlversprechen wird eingehalten. Gleichzeitig bringt diese Entscheidung, wann immer sie auch umgesetzt wird, die im Eigentum der Republik Österreich befindliche Wiener Zeitung in die Bredouille. Wie kann dieser Interessenkonflikt aufgelöst werden?
Die Wiener Zeitung – nicht einfach nur ein Verlautbarungsorgan
Eine kurze Auseinandersetzung mit der Geschichte der Wiener Zeitung bis zur Gegenwart zeigt auf, welche Bedeutung diesem Medium in der Österreichischen Medienlandschaft zukommt. Interessierte Leser österreichischer Medien konnten es in den letzten Monaten ohnedies in einigen Artikeln detailliert verfolgen, trotzdem sei es an dieser Stelle hier der Vollständigkeit halber nochmals erwähnt:
Wir reden hier von der (wiewohl dies nicht ganz unumstrittenen ist) ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt. Diese erblickte am 8. August 1703 als „Wiennerisches diarium“ das Licht der Welt, die Umbenennung auf „Wiener Zeitung“ erfolgte 1780. Das Wesen als Verlautbarungsorgan ruht ihr seit 1812 als offizielle Regierungszeitung mit dem Amtsblatt zur Wiener Zeitung inne, welche seit 1857 von öffentlicher Stelle herausgegeben wird. Und auch als Spiegel der Zeit Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Wiener Zeitung authentisch, war ihre Erscheinung doch in der Zeit von März 1940 bis September 1945 ausgesetzt.
Die Wiener Zeitung heute…
Zu der ursprünglichen Veröffentlichung der Stadtchronik gesellte sich (s.o) nach und nach die Funktion des öffentlichen Amtsblattes mit zwei Schwerpunkten: Die Veröffentlichung von Firmenbuchänderungen und die Stellenausschreibung öffentlicher Stellen. Diese Elemente wurden in den letzten Jahren auch sukzessive in die Online-Welt verlagert. Deswegen zeichnet die Wiener Zeitung heute, nicht für jedermann bekannt, für die Online-Plattformen firmenmonitor.at, ausschreibung.at und help.gv.at verantwortlich. Aber, und das Beste kommt oftmals zum Schluss, nicht zuletzt die journalistische Qualität des Mediums als Tageszeitung mit einem exzellenten Team an Redakteuren ist ein nicht wegzudenkender Bestandteil der österreichischen Printmedienlandschaft.
-und morgen?
Naturgemäß hat die bestehende und planbare Finanzierung durch die Verlautbarungen und Veröffentlichungen über Jahrzehnte hinweg eine gewisse Sicherheit geboten, die zu einem Großteil auch die Grundlage für die Gewährleistung journalistischer Qualität gebildet hat. Immerhin reden wir hier von 80% des Jahresumsatzes der Wiener Zeitung. Und auch den einen oder anderen Versuch in der Vergangenheit, diese sichere Einnahmequelle zum Versiegen zu bringen, hat man unbeschadet überstanden. Nun aber scheint es ernst zu werden. Vor Jahren bereits gab es Evaluierungen, auf ein wöchentlich erscheinendes Format ohne Pflichteinschaltungen umzusatteln. Und nicht zuletzt gibt es da das Commitment des zuständigen Ministers zum Fortbestehen der Wiener Zeitung unter Verstärkung der Online-Aktivitäten. Wie auch immer die Entscheidung ausgehen wird, im Sinne der Erhaltung eines qualitativ wichtigen Players am österreichischen Zeitungsmarkt hoffen wir von CLIP Mediaservice auf eine nachhaltige Lösung und halten Sie – wie immer – am Laufenden.
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