Wir von CLIP erfassen für unsere KundInnen, was in den Medien zu sehen ist. Aber wie wirken Medieninhalte eigentlich? In dieser Reihe beschäftigen wir uns mit theoretischen Ansätzen zur Medienwirksamkeit und starten heute mit dem Agenda Setting-Ansatz.
Die Basis des Agenda Setting-Ansatzes legte der Politikwissenschaftler Bernard Cohen. 1963 meinte er, dass Medien nicht sehr gut darin seien, den Menschen zu sagen, wie sie über ein Thema nachdenken sollen. Aber sie seien dafür umso besser darin, den Menschen zu sagen, worüber sie nachdenken sollen. Medien haben demnach eine Thematisierungsfunktion. Sie setzen gewisse Themen auf die Agenda des Publikums und sorgen damit dafür, dass sich das Publikum mit diesen Themen auseinandersetzt und sich Gedanken dazu macht. Damit kommt auch eine gewisse Verantwortung.
Empirische Fundierung des Agenda Setting
Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 1968 wurde diese These von den Kommunikationswissenschaftlern McCombs und Shaw empirisch überprüft. Mithilfe von Befragungen und Inhaltsanalysen verglichen sie die Medienagenda mit der Publikumsagenda. Sie verglichen also die Themen, die in den Medien behandelt wurden, mit jenen, die die Menschen beschäftigten. Tatsächlich stellten sie eine sehr hohe Korrelation von 90% fest. Allerdings schien die mediale Berichterstattung nur wenig Einfluss auf die Meinung der Bevölkerung zu haben. 1972 führten die Wissenschaftler den Begriff des Agenda Setting ein.
Ihre Methoden sind jedoch kritisch zu sehen. Ihre Stichprobe war klein, sie erhoben die Mediennutzung nicht und erhoben die Daten nur zu einem Zeitpunkt. Um Medienwirksamkeit festzustellen, werden normalerweise Längsschnittstudien verwendet. Das sind Studien, bei denen zu verschiedenen Zeitpunkten Daten erhoben werden, um Veränderungen beobachten zu können.
Korrelation ungleich Kausalität
Auch die Forscher selbst kritisierten ihren Ansatz. Zwar hatten sie eine hohe Korrelation zwischen Medien- und Publikumsagenda festgestellt. Aber eine Korrelation zwischen zwei Umständen bedeutet nicht, dass diese kausal zusammenhängen. Die Medienagenda muss also nicht der Grund für die Publikumsagenda sein. Der Zusammenhang könnte auch ganz anders erklärt werden. Eventuell ist etwas ganz anderes dafür verantwortlich, dass die Medien- und Publikumsagenda einander so ähnlich sind. Es könnte also eine Randbedingung, die die Forscher nicht erfasst haben, der eigentliche Auslöser sein. Oder vielleicht bedingt die Publikumsagenda die Medienagenda. Das würde bedeuten, dass Medien über die Themen berichten, die für das Publikum relevant sind – eine These, die ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist.
Fazit
Der Agenda Setting-Ansatz hat die Medienwirksamkeitsforschung nachhaltig geprägt. Bewiesen ist er jedoch nicht. Im Laufe der Jahre wurde er um einige Facetten reicher. Mit diesen Facetten werden wir uns in weiteren Teilen dieser Reihe befassen.