Das beherrschende Thema der österreichischen Medienlandschaft der letzten Wochen, der ATV-Verkauf an die ProSiebenSat.1-Gruppe, geht in die Zielgerade: Am 9. März 2017 endet die Phase I der kartellrechtlichen Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und es entscheidet sich, ob der geplante Verkauf genehmigt wird.
„Rise and Fall“ des ersten österreichweiten Privatsenders
Am 1. Juni 2003 startete ATV, hervorgegangen aus dem Wiener Lokalsender Wien1, unter dem Sendenamen ATV+, als erster österreichischer Privatsender seine österreichweite terrestrische Ausstrahlung. Nicht einmal vierzehn Jahre später steht der Verkauf des Senders unmittelbar bevor.
Der Sender machte laut Eigentümeraussage die letzten Jahre Verluste in zweistelliger Millionenhöhe, die Marktanteile bei TV-Zuschauern in Österreich liegen aktuell bei 3,1 %, die des Werbemarktes bei 6,2 %. Man will sich also, wirtschaftlich nachvollziehbar, rechtzeitig von diesem Asset trennen und das Beste daraus machen, ein Käufer für eine Sanierungsfusion ist gefunden, diese wird eingereicht. Und steht jetzt zur Diskussion.
Die Sanierung eines defizitären Senders – oder doch etwas mehr
In der Bewertung der Fusion durch die heimischen Printmedien gibt es eine selten vorgefundene Einhelligkeit. Da wäre zum einen der von vielen gefürchtete Verlust der Meinungsvielfalt. Bereits wenige Tage nach Bekanntwerden der Verkaufsambitionen und der beteiligten Player warnten die eigenen Mitarbeiter der ATV-Redaktion vor einem „massiven Verlust an Meinungsvielfalt“, wenn ihr Sender verkauft wird. Und tatsächlich erhöht sich der relevante Marktanteil der neuen Sendergruppe bei Zusehern auf insgesamt 20,6%.
Zum anderen sind die wirtschaftlichen Auswirkungen noch deutlicher: Denn da erhöht sich der Werbemarktanteil der Gruppe nach Zusammenschluss auf satte 42,8%. Der öffentlich-rechtliche ORF hält in diesem Segment 30%. Dieser beeinsprucht nun auch unter anderem, dass von einer – wettbewerbsrechtlich begünstigten – Sanierungsfusion keine Rede sein kann, da mehrere Unternehmen Interesse an einem Kauf von ATV bekundet hätten.
Wer profitiert nun von der Fusion?
Wer auch immer den Sender erwirbt, erhält mit dem Zuschlag die nicht unbedeutende österreichweite Sendelizenz und eine etablierte Marke. Und als Sahnehäubchen gibt es dann noch den nicht zu verachtenden dritten Sendeplatz. In Zeiten multipler Fernbedienungen und unüberschaubarer Favoritenlisten ein nicht zu unterschätzendes Asset.
Servus-TV hat auf jeden Fall schon gewonnen: Wer auch immer den Zuschlag erhält, übrig bleibt Servus TV als einziger wirklicher österreichischer Privatsender.
Die Fusion aus unserer Sicht
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